Über die drei Brüder Gubler

Die drei Brüder Gubler, Eduard, Ernst und Max Gubler, sind Schweizer Künstler des 20. Jahrhunderts. Gemeinsam haben sie ein bedeutendes bildnerisches Werk in mehreren Disziplinen geschaffen. Sie haben sich ständig, aber immer wieder wechselnd, gegenseitig beeinflusst und gefördert. Eine Zeit lang arbeiteten sie, fast symbiotisch, unter dem gleichen Dach.

Die älteren zwei Brüder, Eduard und Ernst, waren Lehrer für Kunstunterricht und arbeiteten nebenberuflich als freie Künstler. Beide zogen sich in der zweiten Lebenshälfte aus dem offiziellen Kunstbetrieb zurück und schufen ihr Hauptwerk in Abgeschiedenheit. Max Gubler hingegen wandte sich von Anfang an dem freien Kunstschaffen als Maler zu und stellte sich zeitlebens der Öffentlichkeit.

Bei jedem der drei Brüder öffnete sich im Laufe des Lebens die innere Ausdruckswelt mehr und mehr den Erscheinungen. Aus ihrer mehr gedachten Welt wurde eine gesehene, dann geschaute Welt. In ihren Spätwerken gelangten sie wieder zu inneren Bildwelten, zu Weltbildern, archetypischen Bildern und Bildern aus dem Unbewussten (Max Gubler). Sie haben bewusst, später sogar im Gegensatz zum Abstrakten Expressionismus, figurativ gestaltet, entwickelten aber ihre Schöpfungen, seien sie aus der Vorstellung oder aus der Erinnerung, stets im klassischen Sinne über verschiedene Abstraktionsstufen.

Im mittleren und reifen Werk gerieten sie mit ihren bildnerischen Sprachen immer weiter auseinander, während sich ihre Motive und Botschaften annäherten. Die Arbeitsweisen der drei Brüder könnte nicht verschiedener sein: Während Eduard seine Gemälde nach allen Regeln der alten Meister gewissenhaft aufbaute und vollendete Einzelwerke schuf, musste Max Gubler seine Bildvisionen oft mühsam in vielen Ansätzen und langen Reihen klären. Ernst Gubler hinterliess viele seiner Plastiken, besonders die aus der Spätzeit, in einem unvollendeten, prozesshaften Zustand. Es gehörte zu seinem plastischen Prinzip, eine einmal gestaltete Figur immer wieder auf neue Anschauungen umzuformen. Einzelne sogar ein Leben lang. Gemeinsam wiederum war ihnen die Beschränkung auf naheliegende Motive, auf Landschaftsmotive aus ihrem Lebensraum, auf den Wohn- und Arbeitsraum mit den vertrauten Angehörigen und Gegenständen darin, die sie zu allgemeingültigen Botschaften entwickelten.

Die drei Brüder kamen in ihrer Malerei ursprünglich von einem heiteren, stimmungsvollen Realismus her. Unter dem Eindruck des grauenhaften Kriegsgeschehens wählten sie die Sprache eines dunkeltonigen Expressionismus und wurden wichtige Vertreter des Zürcher Expressionismus, später, und eigentlich früh, die der Neuen Sachlichkeit. Das Mitleid mit der leidenden Menschheit, mit der Kreatur und der Natur waren ihre Themen, später dann die Zuneigung zu ihnen. Obwohl in erster Linie Maler und Bildhauer, schufen die drei Brüder in dieser Frühzeit ein beachtliches graphisches Werk mit den gleichen Botschaften.

In den 20er Jahren wandten sie sich mehr und mehr den französischen Auffassungen der bildenden Kunst zu. Sie studierten Meister des 17., 18. und des frühen 19. Jahrhunderts und nahmen somit teil an der grossen Bewegung des Neo-Klassizismus. Nach einer Phase der farblichen Einschränkung entwickelte sich dann bei allen drei Brüdern die spätere Farbigkeit und die Individualisierung der dargestellten Menschen und der Räume. Eduard Gubler durchlief alle Phasen des Impressionismus und des Nachimpressionismus – er entwickelte für seinen Kolorismus sogar eine eigene Methode der Farbteilung – wurde dann aber nach verschiedenen, zum Teil linearen Phasen, immer flächiger, ruhiger und endete schliesslich in einer letzten Vereinfachung, in einer Art heller und leuchtender <>. Ernst Gublers Plastiken und Reliefs, die in den Jahren um 1930 noch eine klassische, ruhige und geschlossene Haltung zeigten, gingen mit der Zeit in eine bewegtere über, wurden <> und zugleich wieder expressiver, trotz den strengen, logischen Formbezügen und der grösseren Differenziertheit. Max Gubler äusserte sich hingegen bald wieder mehr in der Sprache des deutschen Expressionismus, zeitweise auch in der von Edvard Munch, malte ähnliche erheiternde und erschreckende Themen. Auf seinem Höhepunkt gelangte er zu einem transzendentalen Realismus. Es scheint, als ob er kurz vor seinem nervlichen Zusammenbruch, trotz seiner Grundsätze, zur absoluten Malerei vordringen wollte.

Hauptquelle: Texte von Rudolf Frauenfelder